Österreichisch-ukrainisches Journalismusprojekt „International School of Multimedia Journalism“ feiert Jubiläum
Seit fünf Jahren treffen sich im Rahmen der International School of Multimedia Journalism Studierende aus verschiedenen europäischen Ländern in Wien und der westukrainischen Stadt Lviv (Lemberg), um Ideen auszutauschen und voneinander zu lernen. Was als Experiment begann, hat sich zu einem Modell für die Zukunft des Multimedia-Journalismus entwickelt: ein Best-Practice-Beispiel für den Austausch junger JournalistInnen, um gute Ideen und Kenntnisse – und der Beginn einer Vielzahl von Freundschaften.
Von 6.-13.7. reisten erneut Journalismus-Studierende der FHWien der WKW nach Lviv (Lemberg), um gemeinsam mit Studierenden aus Dänemark, Georgien und der Ukraine an Multimedia-Reportagen zu arbeiten. In vier Teams recherchierten die TeilnehmerInnen der International School of Multimedia Journalism (ISMJ) zum Thema „Social Responsibility“ und erstellten dabei Reportagen über häusliche Gewalt („Beating means Loving“), Auswanderung („Leaving or L(V)iving“), Mülltrennung und –vermeidung („Dont`t toss it, donate it“) sowie den Einfluss einzelner Medienhäuser in der Ukraine („ZIK is over“).
Journalismus in einem interkulturellem Umfeld lernen
Während der Projektarbeit konnten die Studierenden weiter an ihrem Können feilen. Dabei standen neben klassischen journalistischen Tugenden wie Recherche, Durchführung von Interviews und Textvorbereitungen auch die Entwicklung von technischen Fähigkeiten auf dem Programm: von Fotografie- und Filmaufnahmen, über Bildbearbeitung bis hin zu Layout und Gestaltung. Doch neben der Projektarbeit steht bei der ISMJ vor allem der interkulturelle Austausch im Vordergrund. Die TeilnehmerInnen erhalten einen Einblick in die Arbeits- und Funktionsweisen unterschiedlicher Mediensysteme und profitieren von den Erfahrungen der jeweils anderen.
Vorträge und Exkursionen
Seit dem Start der ISMJ 2015 konnten nicht nur die TeilnehmerInnen viel für sich mitnehmen, auch hinsichtlich Organisation und Ablauf gab es zahlreiche Learnings und es hat sich seitdem viel verändert. War das Programm in den Anfangstagen noch dicht gedrängt mit einer Vielzahl von Vorträgen und Exkursionen, wurde es im Laufe der Jahre kontinuierlich reduziert. Dadurch erhielten die TeilnehmerInnen nicht nur mehr Zeit, um an ihren Projekten zu arbeiten, auch die Gruppendynamiken konnten sich besser entfalten. Ein nicht unwesentlicher Punkt, der sich gerade im direkten Vergleich der beiden Projektwochen eines jeden Jahrganges zeigt: Lernen sich die TeilnehmerInnen in der ersten Phase in Wien zunächst kennen, können sie in Lviv bereits aufgrund ihrer Erfahrungen von Anfang an zusammenarbeiten.
Land und Leute kennenlernen
Maßgeblich von Bedeutung für ein solches internationales Projekt ist zudem, den TeilnehmerInnen auch genügend Zeit und Möglichkeiten zu bieten, um Kultur und Menschen kennenzulernen – sowohl in Österreich wie auch in der Ukraine. Neben thematisch ausgewählten Exkursionen, werden daher immer auch Möglichkeiten zur Stadtbesichtigung angeboten. Bei gemeinsamen Mittag- bzw. Abendessen können sich die Studierenden abseits der Projektarbeit kennenlernen und so auch kulinarische Aspekte der beiden Austragungsländer erfahren.
Präsentation der Projekte
Am Ende jeder Projektwoche steht eine Abschlusspräsentation, in deren Rahmen die TeilnehmerInnen die entstandenen Multimedia-Projekte vorstellen und über ihre Arbeit reüssieren: Welche Beweggründe sie bei der Erstellung hatten oder auch auf welche Schwierigkeiten sie gestoßen sind. Abgerundet wird das Programm seit jeher mit einem abschließenden Abendessen, bei dem die TeilnehmerInnen die Woche noch einmal Revue passieren und die ISMJ entspannt ausklingen lassen können.
Sprachbarrieren und kulturelle Unterschiede
„Mein junges Team arbeitete an einem Projekt zum Thema häusliche Gewalt mit dem Namen ‚Beating means Loving‘“, so UCU-Studentin Valentyna Kuz. „Das Thema war für meine KollegInnen von großer Bedeutung. Sie waren schockiert über das Sprichwort ‚beating means love‘ in post-sowjetischen Ländern.“ Nicht nur für die ukrainische Teilnehmerin war die Arbeit während der ISMJ eine Herausforderung, da es zunächst galt, Sprachbarrieren zu überwinden. Übernahmen während der ersten Projektwoche in Wien überwiegend noch die österreichischen Studierenden die Führungsrolle, waren in Lviv vor allem die ukrainischen TeilnehmerInnen gefordert: Die Kommunikation mit ExpertInnen vor Ort konnte mangels Englischkenntnisse überwiegend nur auf Ukrainisch geführt werden. Daher hieß es für die ukrainischen Studierenden Interviews führen, Texte übersetzen und Videos bearbeiten.
Ein Sprung ins kalte Wasser
„Für mich war die ISMJ wie die alte Art, Schwimmen zu lernen: Sie werfen einen einfach ins Wasser,“ so Valentyna Kuz. „Hier konnte ich meine Fähigkeiten verbessern und weiterentwickeln: in der Redaktion, der Durchführung von Interviews mit verschiedenen Methoden und meine Fähigkeit, den Arbeitsprozess im Team zu organisieren.“
Eigene Erfahrungen teilen und von Anderen lernen
Für Sopo Apriamashvili, Studentin des Georgian Institute of Public Affairs (GIPA), war die ISMJ die erste Auslandserfahrung. Trotz anfänglicher Nervosität ist sie davon überzeugt, dass die Teilnahme an der Summer School eine gute Gelegenheit war, um mit Menschen aus verschiedenen Ländern und Kulturen zusammenzuarbeiten: „Mir wurde bewusst, dass jedes Land seine eigenen Vorstellungen bei der Erstellung eines Multimedia-Produktes hat, was sehr interessant ist. Auf diese Weise lernt man von den anderen und teilt seine eigenen Erfahrungen. Das ist sehr nützlich für die zukünftige Karriere.“
Ergänzende Interessen und Talente
Vincent Leb, Journalismus-Student an der FHWien der WKW ergänzt, dass er sich bis zur letzten Minute nicht sicher war, ob er teilnehmen sollte. Am Tag vor Ablauf der Frist entschied er sich jedoch, die Gelegenheit zu nutzen, und er bereut es nicht. „Ich denke, dass ich aktiv den Prozess der Suche nach einem Thema geleitet und dann zusammen mit der wunderbaren Asta aus Dänemark in eine Geschichte ‚übersetzt‘ habe“, so der Wiener Student. „Das war der angenehme Teil der Arbeit in meinem Team: Wir alle hatten unterschiedliche Interessen und Talente, die sich gegenseitig ergänzten. Auf diese Weise schlugen andere sofort vor, wie meine unklaren Ideen in tolle Szenen, ein Video, visuelle Effekte umgesetzten werden konnten. Ich bin froh, dass ich mit ihnen arbeiten konnte!“
Rückschau und Ausblick
Bereits im Februar 2019 fand in Wien die erste Projektwoche der diesjährigen International School of Multimedia Journalism statt. Die Studierenden setzten sich dabei mit Fragen zu Müllvermeidung, Freiwilligen- und Jugendarbeit sowie den Herausforderungen für ein integratives Arbeitsumfeld auseinander. Dabei warfen sie einen ganz eigenen Blick auf den Themenbereich und rückten Projekte, Initiativen und Menschen in den Vordergrund und beleuchteten so unterschiedliche Aspekte des Generalthemas „Social Responsibility“.
Im nächsten Jahr widmet sich die International School of Multimedia Journalism der Rolle der Frau in unserer Gesellschaft unter dem Motto „Superwomen – The Role of Women in Society“.
Cover photo: © Diana Popfalushi
Weitere Details und alle Projekte der vergangenen Jahre gibt es auf der Projektseite unter http://multimediajournalism.eu/.
Über die ISMJ:
Die International School of Multimedia Journalism wird vom Studienbereich Journalism & Media Management der FHWien der WKW in Kooperation mit der Ukrainisch Katholischen Universität Lemberg durchgeführt. Das Joint Programm vernetzt Journalismus-Studierende länderübergreifend und fördert dadurch das Verständnis für internationale Mediensysteme sowie die Medienlandschaft anderer Länder. Seit 2016 nehmen mit der Danish School of Media and Journalism und dem Georgian Institute of Public Affairs zwei weitere Projektpartner teil. Das Projekt wird mit finanzieller Unterstützung durch das BMBWF, die OeAD-Kooperationsstelle Lemberg, die OeAD-GmbH Wien, der Stadt Wien und der Kultursektion des BMEIA durchgeführt.